Klinik Bogen als kritische Infrastruktur schützen
Gemeinsame Übung der Bundeswehr auf dem Klinikgelände zur Sprengstoffentschärfung
Bundeswehreinsatzkräfte und Panzerfahrzeuge rund um die Klinik Bogen haben vergangenen Mittwoch dank Ankündigung per Durchsage im Haus zwar nicht für Beunruhigung, aber doch für Aufsehen gesorgt. Ein Beispiel für eine positiv gelebte Nachbarschaft zwischen Bundeswehr und Klinik Bogen zum Wohl der Patienten und Bevölkerung war die gemeinsame Übung. Erklärtes Ziel war der Schutz der Klinik Bogen als kritische Infrastruktureinrichtung - ein Szenario, das im Verteidigungsfall - ähnlich wie in der Coronazeit als Covid-Zentrum - bei Überlastung von Großkliniken die unentbehrliche Rolle kleinerer Häuser noch einmal verdeutlicht hat. Die Übung war auf Initiative von Hauptfeldwebel Hans zustande gekommen. Er ist Zugführer des Kampfmittelabwehrzuges der vierten Kompanie in Bogen. Dieser ist darauf spezialisiert, gefährliche Kampfmittel - Munition, Sprengstoffe oder improvisierte Sprengsätze - zu erkennen, zu beurteilen und zu beseitigen. Zum Einsatz kommt der Zug sowohl bei klassischen Einsätzen wie dem Auffinden alter Munition, als auch in besonderen Lagen, etwa bei versuchten Sabotageakten an kritischer Infrastruktur.
Notaufnahme, Intensivstation, OP und MRT im Fokus
Die Klinikverantwortlichen und Einsatzkräfte bekamen am Mittwochmorgen ein ihnen vorher unbekanntes Simulationsszenario auf dem Bogener Klinikgelände präsentiert. Verwaltungsleiter Stefan Fuchs und Technischer Leiter Johann Hartl übernahmen ihre Rollen als Katastrophenschutzbeauftragte bzw. Leitung der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung. Die Meldekette wurde von der Haustechnik und Rezeption in Gang gesetzt, woraufhin binnen weniger Minuten die Bundeswehr mit Panzerfahrzeugen und Einsatzkräften anrückte. An allen Zugangs- und Übersichtspunkten sicherten diese das Klinikgelände ab.
Personalintensive Absicherung, um erfolgsentscheidende Fachkräfte zu schützen
Die Verantwortlichen aus Klinik und Militär gingen währenddessen mögliche Szenarien durch, wie man diverse Bereiche, je nach auftretender Lage, evakuieren würde. Erschwerend kam hinzu, dass es sich um die Interdisziplinäre Notaufnahme, das MRT und den OP-Trakt handelte. Brisante Risikoabwägungen und Fragestellungen wurden abgearbeitet: Wer meldet wem, wann und in welchem Zeitfenster die OP-Säle verlassen werden müssen, und wer entscheidet im Ernstfall, ob es vertretbar ist, eine Operation für diese Dauer zu unterbrechen? Die reibungslose Kommunikation zwischen Experten aus Einsatzleitung, Medizin, Technik und Bundeswehr ist dabei entscheidend für Leib, Leben und Sicherheit von Patienten, Klinikpersonal und hochqualifizierten Fachkräften zur Kampfmittelabwehr. Von letzteren hängt der Erfolg des Einsatzes am stärksten ab, weshalb sie aufgrund der unbekannten Situation erst nach personalintensiver Absicherung des Geländes zum Zug kamen.
Flexibilität kleinerer Kliniken im Krisenfall unverzichtbar

Von links: Verwaltungsleiter Stefan Fuchs, Hauptfeldwebel Sebastian, Hauptfeldwebel Hans, Hauptmann Lara und Technischer Leiter Johann Hartl (Foto: Elisabeth Landinger).
Im Fokus standen parallel der Schutz lebenswichtiger Ressourcen für die Versorgung kritisch kranker Patienten auf der Intensivstation und der Erhalt der Möglichkeiten für Zu- und Weiterverlegungen über Hubschrauberlandeplatzes und Liegendauffahrt. „Den Beteiligten verlangt ein solches Szenario einiges an Einsatzbereitschaft, Reaktionsfähigkeit und Flexibilität ab", fasste Verwaltungsleiter Fuchs seine Eindrücke von der gemeinsamen Übung zusammen - allesamt Kernqualitäten von kleineren Krankenhäusern wie der Klinik Bogen. Diese hat sie als einziges Haus im östlichen Landkreis mit intensiv- und notfallmedizinischen Kapazitäten in der Pandemie bereits bewiesen. Ihr unfallchirurgischer Schwerpunkt würde sie auch bei der Versehrtenversorgung im Kriegsfall unverzichtbar machen. „Die politisch gewollte Zentralisierung mit Abbau von Klinikstandorten ist eine hochriskante Strategie, die besonders im Krisenfall Menschenleben kosten wird", so die einhellige Überzeugung der Vorstände der Kreiskliniken Bogen-Mallersdorf Christian Schwarz und Nannette Baumann.
Die Klinikverantwortlichen zeigten sich daher ebenso wie Hauptfeldwebel Hans offen für künftige gemeinsame Übungen. Dass die Bundeswehr auch „ins Zivile" geht um kooperativ zu üben, Gefährdungen einzuschätzen und zu beheben, erklärte der Hauptfeldwebel so: „Zu unseren Aufgaben gehört die enge Zusammenarbeit mit zivilen Stellen, insbesondere bei außergewöhnlichen Bedrohungslagen, die lebenswichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser betreffen können. Unser Ziel ist es, durch rasches und professionelles Handeln sowohl die Sicherheit der Bevölkerung als auch den ungestörten Betrieb solcher Einrichtungen zu gewährleisten."